WAS WOLLT IHR ALLE GENAU HIER?

Fanreisen und Overtourism sind enge Verwandte. Es verhält sich ähnlich wie bei einer Party, zu der weit mehr Leute kommen, als man gehofft hat, und man erleichtert die Tür schließt, wenn der Ansturm vorüber ist. Für die Einheimischen, die nicht direkt im Tourismus arbeiten, sind derlei punktuelle Ereignisse dennoch zu verschmerzen. Weil a) eine Fußball-EM oder Olympische Spiele, ein Eurovision Song Contest oder Hahnenkammwochenende nicht viel länger dauert, als die kollektive Begeisterung anhält. Und b) dass mancher Local diese Zeit für den eigenen Urlaub nützt – woanders. Mit dem Vorteil, c) die eigenen vier Wände in Absenz auch noch lukrativ auf den Markt (Parahotellerie!) bringen zu können.

Nun finden, leider, diese Fan-generierten Ereignisse aber nicht an den hässlichsten Orten statt, etwa Paris, Hamburg usw. Was bedeutet: Der Nachschub an immer neuen Gästen reißt dort niemals ab. Ein ewig steter Fluss – aus City-Trips, Land­ausflügen, Zwischenstopps, verlängerten Wochenenden. Oft verpackt in ein massentouristisches Erlebnis, wie man es von Ausflugszielen kennt. Dort wird, ganz grob gesagt, alles besonders gut verwurstet: Ist die Touristenmasse einmal eingefüllt, gibt’s kein Entkommen mehr aus dem Sightseeing-Prozess. Eingeschlossen in ein straffes Zeitkorsett, schoppen sich die Leute stückerlweise weiter. So ungefähr: Mit dem Bus zur Seilbahn. Auf dem Berg auf die Plattform. Vor dort zur Gastro, Hauptsache, Wasser und Toiletten. Schließlich verengt sich der Wegeverlauf zu einem Flaschenhals: der Shop! Eine Einbahnstraße. Man versuche einmal, in dieser Dramaturgie den Rückweg (oder den Fluchtweg) zu nehmen – die Markthalle von Ikea ist ein Klacks dagegen.

Wir kennen das Prinzip der Steuerung, das beginnt schon beim Besuch einer Autobahnraststätte. Im Großen bringen es jene Destinationen zur Perfektion, die davon ausgehen, a) dass der Gast von sehr weit angereist, daher b) frei von Orientierung und Einschätzung ist und minimal Zeit pro Ort hat und c) nie wieder herkommt. Solche Ziele gibt es überall, da wollen wir gar nicht mit dem Finger hinzeigen. Oft sind die Maßnahmen gegen die Massen halbherzig. Wer wird denn die Kuh, die man melkt, schlachten? Eintrittsgebühren? Zugangslimits? Demos? Ach wo! Einfach nur hässlicher müsst’ es werden. Dann ­ziehen sie alle weiter, wetten? 

2024-04-24T07:13:43Z dg43tfdfdgfd