ENTLANG DER KüSTE DER GöTTER LIEGEN DIE VERBORGENEN PERLEN ITALIENS

Felsen, Buchten und das weite Meer, wohin der Blick auch schweift. Bei klarer Sicht kann man von Capo Vaticano aus alle sieben Äolischen Inseln sehen, am deutlichsten die Umrisse der Vulkaninsel Stromboli. Täglich bewundern zahlreiche Touristen das Panorama am Belvedere, dem vermutlich schönsten Aussichtspunkt des Kaps, das auf einem Felsvorsprung in Kalabrien liegt. Zwischen Feigenkakteen blickt man auf die Küste der Götter. Schnell wird klar, warum die Küstenlandschaft der südlichsten Region des italienischen Festlandes so genannt wird.

Der ursprüngliche Name des Ortes Capo Vaticano bedeutet „Kap der Prophezeiungen“ und bezieht sich auf ein Orakel, das einst von Seefahrern aufgesucht wurde. Auf der Straße oberhalb des felsigen Geländes bietet ein Landwirt Schafskäse und Obst feil, er schneidet großzügig Stücke ab und reicht sie uns. Er schimpft auf Italienisch mit der Reiseführerin, weil sie seiner Meinung nach mit der letzten Touristengruppe zu rasch an seinem Stand vorbeigeeilt sei. Sie kann sein aufbrausendes Temperament verstehen, denn für ihn und viele andere Kalabresen ist die Landwirtschaft die einzige Einkommensquelle.

Landwirtschaft und Tourismus

Trotzdem findet man in den Supermärkten fast nur Produkte aus anderen Teilen Italiens, erzählt er, der Großteil der Ernte wird exportiert. Lokale Orangen, aber auch Olivenöl kauft man deshalb direkt von den Bauern. In der Region gibt es kaum Industrie, die Menschen leben von der Landwirtschaft und vom Tourismus.

Familie Comerci verbindet beide Welten und lädt regelmäßig Touristen zum Weinerlebnis in Badia di Nicotera in die Casa Comerci mit Besichtigung der Kellerei und des Weinbergs mit Verkostung der biologischen Weine ein. Am Anfang jeder Zeile blühen vor den Rebstöcken Rosen, die ähnliche Vegetationsbedingungen benötigen, aber anfälliger für Krankheiten sind und diese schneller anzeigen, sodass die Winzerfamilie bei Schädlingsbefall rechtzeitig reagieren kann.

Internationale Gäste schätzen die Qualität heimischer Produkte, die von immer mehr Hotels und Restaurants angeboten werden. So kommt im Restaurant der Villa Paola, einer charmanten Residenz in der Nähe der Kleinstadt Tropea, täglich Gemüse aus dem eigenen Garten auf den Tisch. Zwischen dem ehemaligen Kloster und dem Meer erstrecken sich ein üppiger Zitrushain und Gemüsebeete, in denen Bauern saisonale Produkte anbauen. Die Lieblingszutat des Küchenchefs ist Karfiol, auf keinem Menü fehlen die roten Zwiebeln, die das Wahrzeichen von Tropea sind und in der beschaulichen Altstadt an jeder Ecke zu finden sind.

Eis in Trüffelform

Schon in der Vorsaison ist das Städtchen belebt, aber weit entfernt vom Massentourismus. Ein Eisverkäufer versichert uns: Selbst in den Sommermonaten findet man in Tropea immer noch einen freien Platz in einem der vielen Cafés, wo man sich zum Beispiel in aller Ruhe durch die verschiedenen Sorten des berühmten Tartufo kosten kann. Die kalabrische Eisspezialität besteht aus einem Kern aus geschmolzener Schokolade, der mit Speiseeis umhüllt ist und an Trüffelpralinen erinnert.

Nach dem süßen Genuss bietet sich am Stadtrand ein eindrucksvoller Blick auf die jahrhundertealte Kirche Santa Maria dell’Isola, die sich auf einem Felsen am Meer befindet. Und auch hier taucht Stromboli wieder blass am Horizont auf. Jeden Abend verzaubert die Vulkaninsel ein letztes Mal, bevor etwas anderes die Touristen ebenso in ihren Bann zieht wie die Bauern, die längst von der Arbeit in den Olivenhainen zurückgekehrt sind: Die Sonne geht unter und das Meer färbt sich rot wie die glühende Lava des Stromboli – und die Sage, dass Kalabrien entstand, weil Zeus eine Perle aus seiner Krone fiel, wird für einen verträumten Moment glaubhaft.

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