WARUM ES IM MUSEUMSQUARTIER JETZT MELONEN UND NEGRONI GIBT

Der Wassermelonenduft erreicht einen nur Zehntelsekunden nachdem Paul Mitsch die gewaltige Frucht mit seinem fast ebenso gewaltigen Messer anschneidet, eine halbe Minute später tropft einem der süße Saft von den Händen, als man in die Melonenspalte beißt: pures Sommergefühl – das man sich jetzt auch im Museumsquartier holen kann. In der neuen Melonenhalle bekommt man jetzt drei Wochen lang Prosecco, Negroni und Italomusik. Aber eigentlich vor allem: Melonen.

„Meine Mutter hat mir, als ich ein kleiner Bub war, erzählt, dass es früher in unserem Urlaubsort Chioggia Sottomarina eine Halle gab, in der nichts anderes verkauft wurde, als Wassermelonen“, sagt Paul Mitsch, der Mann mit Melone, Messer und Melonenschürze. „Ich hab die nie gesehen, aber ich liebe Wassermelonen, und für mich war das immer eine wahnsinnig schöne Vorstellung. Das hatte ich also im Kopf, seit ich fünf war – jetzt bin ich 28. Und ich dachte mir, früher oder später muss ich mich von diesem Traum befreien und ihn verwirklichen, sonst sitze ich mit 70 immer noch da mit der Melonenhalle im Kopf.“

Reif oder nicht reif?

Seit Dienstag gibt es sie also wirklich, die Melonenhalle: Im Raum D des Museumsquartiers reihen sich Kisten mit Melonen aneinander, nicht irgendwelche natürlich, sondern die einzigen gebietsgeschützten Wassermelonen Italiens: Anguria Reggiana IGP. Mitsch bezieht die Früchte von der Aziendagricola Terra e Anyma, dem einzigen Bio-Melonenbetrieb der Region, den er vor zwei Jahren ausfindig machte. Und bei dem er im Vorjahr zwei Wochen lang mitgearbeitet hat: „Andrea hat mir am Feld gezeigt, wie dieses Klopfen geht, mit dem man herausfindet, ob die Melone reif ist oder nicht“, erzählt er. „Er hört, ob eine Melone bereit für die Ernte ist, ob sie schon überreif ist, oder ob sie vielleicht gar nicht mehr reif wird. Wobei, ich war zwei Wochen dort: Er meinte, er macht das jetzt seit sieben Jahren – und langsam kann er es.“

Die Melonen, die nach Wien gebracht werden – rund zwei Tonnen sind schon da, das sind knappe 500 Stück, weitere anderthalb Tonnen kommen demnächst und eine dritte Lieferung folgt bis Mitte August auch noch –, sind aber ohnehin durch die Hände der Profis gegangen. Sie sind perfekt reif, haben eine schöne Balance zwischen Süße und Erfrischung und sind nicht mehlig oder grisselig wie manche andere Wassermelonen, die man im Supermarkt bekommt. Viel herumgetan wird damit nicht. Es gibt genau zwei Darreichungsformen: ein (ordentliches) Stück, am Tablett und mit Messer. Und ein Becher mit vorgeschnittenen Würfeln. Esstemperatur: 15 Grad. „Das ist zumindest laut Andrea optimal.“

Dazu trinken kann man (in der Halle selbst und am Vorplatz des Museumsquartiers) Prosecco vom Fass und einen falschen Negroni Sbagliato („Also quasi doppelt falsch“), mit L‘Aperitivo von dem italienischen Familienunternehmen Nonino statt mit Campari, und mit hausgemachtem, gemeinsam mit dem Bio-Weingut Göbel hergestelltem Wermut. „Mit Frido, dem Sohn, habe ich auf der Boko studiert“, sagt Mitsch, der sich sich nach Jahren in der Gastronomie – samt Abstecher ins Noma in Kopenhagen – umorientiert hat und nun vor dem Master in Bioressourcenmanagement steht.

Auch die Bar in der Melonenhalle hat ein Studienkollege beigesteuert: Mit Wert:Stoff rettet der gebrauchte Materialien aus dem Kunst- und Kulturbetrieb und gibt sie an ebendiesen weiter. „Das Dach war zum Beispiel mal ein Zebrastreifen in einem Porsche-Werbedreh.“ Der Service ist eine Familienangelegenheit: Paul Mitschs drei Cousins und Cousinen, passenderweise mit italienischem Papa, sind mit an Bord („Ich bin ja nur ein Möchtegern-Italiener“), Mutter und Freundin helfen während der drei Wochen ebenfalls mit. Und wohin es gehen soll, wenn alle Melonen aufgegessen sind, ist auch schon klar: nach Italien natürlich – dorthin, wo alles begann.

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