WO AN DER ADRIA HEUER MEERESSCHLEIM DIE BADEURLAUBER VERTREIBT

Algenschleim in der Adria macht nun auch weiteren italienischen Küsten zu schaffen. Wegen besonderer Wetterbedingungen ist das Meer vor der mittelitalienischen Region Marken mit einer gelblichen Substanz überzogen. Es ist ein Massenphänomen, das immer wieder auftaucht. Dabei geht es um eine Absonderung von Algen, Mucillagine, die zwar nicht gesundheitsgefährdend, aber für Badegäste unangenehm und für Fischer schädlich sind. So massiv war die Verschleimung zuletzt in den Jahren 2006 und 2007, sagte Michele Gani vom Nationalen Institut für Ozeanografie und experimentelle Geophysik in Triest, wo der Schleim schon vor zwei Wochen zu beobachten war.

"Vor allem die kleinen Boote können wegen des Schleims nicht einmal zum Fischen hinausfahren. Dieser behindert die Propeller und macht die Reinigung der mechanischen Elemente sehr schwierig", warnte der italienische Senator Antonio De Poli. Er richtete eine Anfrage an die Regierung in Rom, um Unterstützung für den Fischereisektor zu beantragen. "Wir können uns nicht darauf verlassen, dass sich die Wetterbedingungen ändern und ein Sturm den Schleim wegfegt. Wir müssen eine ernsthafte Untersuchung des Phänomens durchführen", erklärte De Poli.

Der Algenschleim war vor kurzem eben auch im Golf von Triest zu sehen. Das Phänomen ist in den letzten Wochen wiederholt aufgetreten und belastete auch die Strände in Kroatien und Slowenien. In sozialen Medien ist meist von Meeresrotz die Rede. Ein natürlicher Prozess, dessen Ursachen bis heute nicht vollständig geklärt seien, erklären Biologen. Vor zwei Wochen bestand die Hoffnung, dass starker Wind und Regen das Phänomen beenden würden. Aber es zog vermutlich nur weiter auf die andere Seite der Adria.

Auf slowenischer Seite sei der Meeresrotz durch die Bora aber immerhin verblasen worden und die Adria wieder klarer. "Wir haben ungeduldig darauf gehofft, dass der Wind stark genug sein würde, den Meeresschleim zu verblasen", sagte Manja Rogelja, Meeresbiologin in Piran, dem slowenischen Nachrichtenportal regionalobala.si. Ob das Phänomen heuer vorüber sei, konnte Rogelja nicht sagen: "Der Schleim hat sich weg von der Küste bewegt. Wir wissen aber noch nicht, wie es am Meeresgrund aussieht." Zwei Wochen später wissen Beobachter allerdings, dass an den Küsten der Marken erneut eine Verschleimung zu verzeichnen ist.

Auch wenn Experten versichern, dass für Badegäste keine Gefahr bestehe, weil der Schleim ungiftig sei, vertreibt er doch immer öfter Strandurlauber. Im Jahr 2021 war ein ähnliches Phänomen im Marmarameer vor der türkischen Küste zu beobachten gewesen. Die Umweltschutzorganisation WWF warnte damals mit dem Slogan: "Dieser Rotz ist kein kleiner Schnupfen – das Meer ist schwer krank!" Aber auch regionale Experten stellten damals fest, dass der Meeresschleim deutliche Auswirkungen auf das Ökosystem des Binnenmeeres hat. Bereits 60 Prozent der Spezies seien verschwunden, nach drei Jahrzehnten intensiver Verschmutzung sei das Marmarameer ein totes Meer. Dieser Befund ist aber nicht so einfach auf die Adria zu übertragen.

Die Salzburger NGO Mare Mundi hält etwa fest, dass man Meeresverschmutzung, also massive Vorkommen zehntausender giftiger und schädlicher Substanzen unterschiedlichster Natur, und das Auftreten von Meeresschleim nicht einfach gleichsetzen kann. Möglicherweise wurde das Phänomen aus der Nordadria nicht vom Menschen ausgelöst. Dass es sich dabei um kein unmittelbares Eutrophierungsphänomen (also das "Kippen" der Meere) handeln muss, zeigen auch Berichte, die in die Zeit vor der industriellen Revolution zurückreichen. In einem Zeitungsbericht aus Triest ist bereits 1729 von einer Schleimplage berichtet worden. Es kann aber durchaus Wechselwirkungen geben, die Zusammenhänge müssen noch durch Studien genauer erforscht werden.

Der Meeresrotz scheint trotz der Bedenkenlosigkeit für die Gesundheit immer mehr Urlauber zu vergraulen. Als er vor zwei Wochen in Istrien vor Touristenhochburgen wie Rovinj, Vrsar oder Porec zu beobachten war, richteten etliche österreichische Touristen über den Boulevard aus: Weder die hohen Preise für den Urlaub in Kroatien noch Quallen konnten sie bisher vom Badeurlaub in Istrien abhalten. Aber der Ekel vor dem Schleim bringt sie langsam zum Grübeln. (saum, APA, 3.7.2024)

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